Nordmende Servicewobbler SW 370

Steckbrief

Modell: SW 370

Baujahr: 1965/66

Röhren: ECC88, 2 x PCF803, KST130

Kaufpreis: 30 €

Anschaffung: 30.04.21

Fertigstellung: 18.07.21

Gehäuse: Aluminiumguss / Stahlblech

Link zu rm.org: SW 370

Reparaturbericht

Obwohl der statische Abgleich recht gute Ergebnisse erzielt, so ist diese Arbeit mit einem Wobbelgenerator natürlich ungleich angenehmer und bietet die Möglichkeit, auch die Symmetrie der Filterkurven zu beurteilen, da sie bei diesem Verfahren auf dem Oszilloskopschirm sichtbar werden.

 

Um kurz das Prinzip solcher Geräte zu erläutern:

Man gibt eine Frequenz vor (für das Wobbeln von ZF-Filtern zum Beispiel die ZF-Frequenz), und den sog. Hub.

Nun wird der durch den Hub eingegrenzte Frequenzbereich rund um die Frequenz, die man vorher eingestellt hat, mit der Wobbelfrequenz durchlaufen. Das Oszilloskop synchronisiert man mit der Wobbelfrequenz und kann so die Dämpfung des Filters abhängig von der Frequenz optisch darstellen.

 

An einem Beispiel wird es etwas anschaulicher:

Gehen wir einmal davon aus, daß ein Filter im ZF-Verstärker eines normalen UKW-Supers abgeglichen werden soll. Dann stellt man den Wobbelgenerator auf die ZF-Frequenz ein, in diesem Beispiel meist 10,7 MHz (denn diese Frequenz soll das Filter ja passieren).

Mit dem Hub reguliert man, um wieviel der Wobbelgenerator um diese Frequenz herum schwanken soll (wichtig für die Bandbreite des Filters). Hier gibt man z.B. +/- 200 kHz vor, wobei das auch nicht so genau kommt - es dient in der Praxis vor allem der guten Darstellbarkeit auf dem Schirmbild und ab und zu zur Ermittlung

der -3 dB-Bandbreite.

Die Wobbelfrequenz ist oft vom Gerät vorgegeben (hier zum Beispiel 50 Hz), manchmal aber auch einstellbar.

So ergäbe sich also ein Signal, das 50 Mal in der Sekunde den Frequenzbereich von 10,5 bis 10,9 MHz durchläuft.

 

Auf dem Oszilloskop erscheint dann im Optimalfall eine Trapezförmige Filterkurve, die die Amplitude nach dem Filter in Abhängigkeit der Frequenz zeigt und oben flach verlaufen sollte. Hat sie zwei "Kamelhöcker", dann ist die Kopplung überkritisch, ist sie asymmetrisch oder zu steil, dann ist die Kopplung unterkritisch oder man hat sonstige Probleme mit der Mittenfrequenz.

Um zu sehen, ob die Mittenfrequenz auch in der Mitte dieser Filterkurve liegt, können Wobbler in aller Regel auch Frequenzmarken setzten. Es erscheint dann auf der Kurve ein kleiner Leuchtpunkt bei z.B. 10,7 MHz.

Diese generiert man optimalerweise durch einen Quarz, aber im Notfall geht auch ein LC-Schwingkreis. Meist gibt es an den Geräten Steckplätze für beides.

 

Beim Abgleichen muss man darauf achten, nicht zu schnell zu wobbeln und keine zu große Amplitude zu wählen, da man so schnell den ZF-Verstärker übersteuert und zu falschen Ergebnissen gelangt. Wenn man wenig Erfahrung mit diesem Verfahren hat, ist es angeraten am Anfang eine Einstellung zu wählen und diese dann über die komplette Arbeit an einem Kreis beizubehalten, um sich keine Probleme einzuhandeln.

 

Der Wobbler, um den es hier geht verfügt eigentlich nur über die grundlegenden Funktionen.

Auch wenn ich von Nordmende normalerweise nicht allzu viel halte, muß ich anerkennen, daß sie hier wirklich ein kleines und massives Gerät konstruiert haben.

Angenehm fällt als erstes das Gehäuse auf, dessen Seitenteile aus Aluguss bestehen und das ein schönes, handfestes Gewicht hat.

Mit nur vier Schrauben lassen sich die beiden Blechdeckel demontieren, womit der Großteil der Bauteile zugängig wird. Aber auch, wenn man (wie ich im Zuge der Überholung) an andere Stellen heranmöchte, so sind diese mit wenigen weiteren Schrauben erreichbar. Die Seitenteile lassen sich mit je sechs Schrauben auch demontieren, der Trafo kommt dann direkt mit. Das Netzteil ist mit dem Rest des Geräts nur über einen Stecker verbunden, was die Demontage sehr angenehm macht.

Hier ein paar Bilder:

Der SW370 von vorne. Links die Bedienelemente für den Wobbler, rechts für den Markengeber.
Der SW370 von vorne. Links die Bedienelemente für den Wobbler, rechts für den Markengeber.
Die Bleche lassen sich leicht von den robusten Seitenteilen abnehmen
Die Bleche lassen sich leicht von den robusten Seitenteilen abnehmen

Das Innenleben ist weitestgehend servicefreundlich und übersichtlich aufgebaut. Auf der linken Seite befindet sich das Netzteil (der Trafo ist an die eine Seitenwand geschraubt), den unteren Teil nimmt ein verlöteter Blechkasten ein, der die HF-Baugruppen beherbergt und obenauf thronen die Röhren unter Abschirmhauben.

 

Zum meiner Freude war noch alles im Originalzustand und auch die Röhren schienen noch die ersten zu sein.

Im Netzteil fand ich drei alte 16µF-Elkos und einen Gleich-riecht-er vor, ansonsten hatte das Gerät nur ein paar Kleinelkos und drei Wima-Kondensatoren zu bieten, die ich mehr aus Vorsicht tauschte. Die Isolationswerte waren noch in Ordnung, aber mir waren diese Typen in der Vergangenheit schon ein paar mal negativ aufgefallen.

Da ich mich auf meine Messgeräte kompromisslos verlassen können muß und die Teile nur ein paar Pfennige kosten, warf ich alles hinaus, was verdächtig erschien. Der Gleichrichter bekam vier frische Dioden und auch die Elkos mussten weichen.

Nach nur drei Stunden war ich fertig und konnte das gute Stück anwerfen.

Auf dem Oszilloskop erschien die gewünschte Darstellung und auch ein Test am Frequenzzähler ergab eine ausreichende Genauigkeit, weshalb ich auf einen Nachgleich verzichtete.

Zuletzt lötete ich am Trafo noch auf 240V um, was hier ein wenig umständlich ist. Auch wenn ansonsten an dem Gerät nicht gespart wurde, war ein Spannungswähler wohl nicht mehr drin. Die Eingangsspannung wird über eine Lötleiste festgelegt und das Setzen der Brücken erforderte ein vergleichsweise intensives Studium des Schaltplans.

Der alte Gleichrichter. Daneben liegen normalerweise noch zwei Elkos, die ich hier schon demontiert hatte.
Der alte Gleichrichter. Daneben liegen normalerweise noch zwei Elkos, die ich hier schon demontiert hatte.
Eingebautes Netzteil mit neuen Elkos
Eingebautes Netzteil mit neuen Elkos
Blick in den HF-Kasten. Hier waren nur zwei Wima-Kondensatoren verdächtig.
Blick in den HF-Kasten. Hier waren nur zwei Wima-Kondensatoren verdächtig.
Die Tauschkandidaten. Die Wimas waren noch in Ordnung, ich tauschte sie nur sicherheitshalber.
Die Tauschkandidaten. Die Wimas waren noch in Ordnung, ich tauschte sie nur sicherheitshalber.

An sich lässt sich mit dem Gerät solide und sicher abgleichen. Ein paar Kleinigkeiten sind etwas unbequem, aber verkraftbar:

 

Zum einen war der Wobbler für UKW- und Fernsehabgleich gedacht. Für alle anderen Arbeiten muß man daher auf Harmonischen arbeiten oder den freien Markengeber verwenden, was ein wenig lästig, aber in der Regel kein Problem ist. Nur die häufige 460 kHz AM-ZF fehlt mir wirklich ein wenig.

Weiterhin ist von außen kein Quarz anschließbar. Vor allem die interessante 10,7 MHz-Marke wird hier von einem LC-Schwingkreis erzeugt, kann aber im Gerät gegen einen Quarz getauscht werden.

Nicht zuletzt stört mich am meisten die zeitgenössische Ausstattung mit HF13-Steckern, die zu nichts in meinem Messgerätepark so wirklich passen. Nur mein Picoskop ist damit kompatibel und nicht für Abgleicharbeiten geeignet. Adapterkabel sind mit diesen (inzwischen wirklich seltenen) Steckern schlecht zu bauen.

Vielleicht baue ich mir eines Tages mal Adapter für BNC, denn darauf habe ich in meiner Werkstatt alles genormt und müsste das Gerät nicht umbauen.